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Behälter
Abb.: Linden-Museum Stuttgart, Linden-Museum Stuttgart
nicht ausgestellt

Über das Objekt

Der handtellergroße Panzer einer Landschildkröte ist von Innereien entleert und am unteren Ende mit einer wachsartigen Masse verschlossen, sodass er als Behältnis dienen kann. Vergleichsstücke weisen hierfür z.B. Gummi der Akazienpflanze (Nama: „heirab“) auf. Die Panzer wurden oft mit Lederbändern verziert, die wiederum in vielen Fällen mit Glasperlen versehen sind. Historische Fotos und zeitgenössische Beschreibungen weisen darauf hin, dass diese Schildkrötenpanzer als schmückende Tasche, vor allem von Frauen um die Hüfte getragen wurden. Laut kolonialzeitlichen ethnographischen Publikationen wurde auf diese Weise zumeist Parfüm („buchu“/„binku“), aber auch andere kosmetische Produkte und Hygieneartikel aufbewahrt (Schultze 1907: 346). Vor und nach der Ankunft am Museum wurden Objekte regelmäßig mit Pauschalzuschreibungen versehen und durch Vergleich ihres Aussehens einer bestimmten Verwendung, Region, oder Gemeinschaft zugewiesen. Daher sind ähnliche Objekte in deutschsprachigen Museen oft mit Namen wie „Puderbüchse”, „Parfümdose”, „Schminkdose“, „Pomadenbüchse“, „Riechdöschen“, oder „Medizintasche“ bezeichnet. Objekte dieser Art wurden sowohl den Gemeinschaften der Nama, der Herero, den San, und auch allen anderen historischen Gemeinschaften in Namibia zugeschrieben (siehe auch Forkl 2007: 74; Silvester 2020: 71-76; Szalay 1979: 31). Zum Beispiel bezeichnete ein anderer Objektgeber des Linden-Museums, Philipp Kuhn, die Objekte mit dem Otjiherero-Wort „Onduzu”, was aber lediglich auf das Tier selbst, eine „Landschildkröte” verweist (Brincker 1886: 172). Die Bezeichnung für „Schildkrötenpanzer” in Nama wird oft als „!ūros” wiedergegeben (Haacke 2007: 36). Auch aus heutiger Sicht ist anzunehmen, dass ihre Verwendung sehr verbreitet war. Namibische Kolleg*innen, wie Marina Nzila Mubusisi, berichteten, dass Schildkrötenpanzer dieser Art als wichtige Erbstücke von Müttern an ihre Töchter weitergegeben werden (siehe auch Mubusisi 2020). Mehr als 60 Varianten solcher Behälter kamen während der Kolonialzeit in die Sammlung des Linden-Museums. Ebenso sind sie in den meisten Namibiasammlungen im deutschsprachigen Raum zu finden. Text: Christoph Rippe.

Wie kam das Objekt ins Linden-Museum?

Otto Berger war zwischen 1901 und 1913 in „Deutsch-Südwestafrika” als Mitglied der „Schutztruppe” und der „Landespolizei” tätig. Zu den Umständen der Aneignung von Objekten sind soweit keine Informationen vorhanden. Da Berger zwischen 1904 und 1905 an einer Vielzahl von Gefechten teilnahm, besteht die Möglichkeit, dass er sich bei diesen Gelegenheiten Objekte aneignete. Im Oktober 1940 übergab Bergers Ehefrau, Margareta Berger, (evtl. nach Bergers Tod) die Sammlung mit ca. 70 Objekten an das Linden-Museum. Der zuständige Kurator, Fritz Jäger, verkaufte viele Objekte (bis auf 19) für Margareta Berger an verschiedene Abnehmer in der Stuttgarter Region. Text: Christoph Rippe.

Objektdaten

Datierung
1913; oder früher
Material / Technik
Schildkrötenpanzer, Glas, Glas, Leder; durchbohrt, aufgefädelt, geknotet
Inventarnummer
117836
Eingangsdatum
1940
Herkunft
OvaHerero
Maße
Breite: 10.3 cm; Länge: 24 cm
Geografie
Namibia
Vorbesitzer*in
Otto Friedrich Berger
Sammlung
Berger; 2052

Schlagworte

  • Körperpflege
  • Gefäß

Referenzen

Literatur

  1. Brincker, Peter H.: Wörterbuch und kurzgefasste Grammatik des Otji-Hérero Leipzig, 1886,
  2. Forkl, Hermann: Von Kapstadt bis Windhuk „Hottentotten” oder Khoekhoen: Die Rehabilitierung einer Völkergruppe, Stuttgart, 2007,
  3. Haacke, Wilfrid H. G.: The Nama of Namibia A Guide to an Exhibition, Windhoek, 2007,
  4. Hahn, Carl Hugo: Grundzuge einer Grammatik des Hereró nebst einem Wörterbuche, Berlin, 1857,
  5. Mubusisi, Nzila Marina: The Tortoise Shell Box Container 2020, 25–26
  6. Schultze, Leonhard: Aus Namaland und Kalahari Bericht an die Kgl. Preuss. Akademie der Wissenschaften zu Berlin über eine Forschungsreise im westlichen und zentralen Südafrika, Jena, 1907,
  7. Silvester, Jeremy: Stand Together //HA//XAE (!KUNG) MA/AOS (HAI//OM) GǁA ǁKAE (JU’/HOANSI) TȆȆ /XAI (KHWE) DEA /XAE (NARO), Windhoek, 2020, 71-77
  8. Szalay, Miklós: Die Ethnographische Südwestafrika-Sammlung Hans Schinz 1884-1886 Zürich, 1979,

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